Soll das Engagement des Petitionsausschusses missachtet werden?

 

Der Bauausschuss will auf seiner Sitzung am Mittwoch den Abrissauftrag für das Gebäude Weidestraße 24 vergeben

 

Die einzig noch erhaltende Gruppe von Ackerbürgerhäusern in der Weidestraße ist jetzt akut bedroht, und dass, obwohl der Petitionsausschuss des Landtages jüngst den Bürgermeister gebeten hatte, vor Abschluss des Petitionsverfahrens keine irreversiblen Tatsachen zu schaffen. Trotzdem soll der Bauausschuss jetzt schon den Abrissauftrag vergeben. Schon mehrfach war das Grundstück Weidestraße 24 als „Reservepotenzial“ für Erweiterungen der Wilhelm-Wisser-Schule im Gespräch. Immer wieder hat die Bürgergemeinschaft Eutin e.V. auf die gestalterische Bedeutung des Ensembles Weidestraße 24 bis 28 hingewiesen.

 

Das Gebäude Weidestraße 24 steht seit vielen Jahren in städtischem Eigentum. Das Ensemble der Häuser Nr. 24 - 28, das aus dem frühen 19. Jahrhundert stammt, weist im Baustil auf die Tradition Eutins als Ackerbürger- und Handwerkerstadt hin. Dieser Bereich der Weidestraße gehört zu den ältesten Teilen der ersten Stadterweiterung nach der Auflösung der sogenannten Gemeinweide, die der Weidestraße ihren Namen gab. Nach einem Brand im Jahr 1919 wurde das Haus wieder aufgebaut und seit der Zeit ständig genutzt.

 

Die Gebäude wie auch die eindrucksvollen Ahornbäume davor, die dort seit dem frühen 19. Jahrhundert stehen, gehören zum Eutiner Stadtbild. Generationen von Schülerinnen und Schülern haben im Heimatkundeunterricht diese Vorzeigegruppe abgezeichnet und konnten sich so in frühere Jahrhunderte und deren Lebensbedingungen hineindenken. Diese Häuser begrenzten einst den Ortsrand der Stadt und leiteten in die Feldmark über. Über diesen Weg zogen die napoleonischen Truppen und später die Kosaken. Die Häuser gaben Jahrhunderte lang unzähligen Familien Heimat. Gerade die interessante Frontseite des Fachwerktraufenhauses Nr. 24 zeigt den Variantenreichtum der Baukultur vor etwa 200 Jahren.

 

Sicherlich hat das Umfeld dieser Gebäudegruppe nach dem 2. Weltkrieg erhebliche Veränderungen erfahren, aber gerade dies sollte Grund genug sein, das gesamte Ensemble Weidestraße 24 - 28 zu schützen. Und ob das Grundstück wirklich für Schulzwecke benötigt wird, steht spätestens nach Einleitung des Bürgerbegehrens Wilhelm-Wisser-Schule in Frage. Die Zeit, in der historische Bausubstanz gedankenlos vernichtet wird, sollte auch in Eutin endgültig vorbei sein - schließlich wird doch gerade mit Millionenauswand die Stadtsanierung betrieben.

 

Ungünstige Umstände, Vernachlässigung durch Eigentümer und mangelndes Erhaltungsinteresse seitens der städtischen Gremien scheinen das Ambiente der historischen Altstadt Eutins zu bedrohen. Die Aufnahme in das Förderprogramm städtebaulicher Denkmalschutz kann nur von Erfolg gekrönt sein, wenn Stadt und Einwohner gemeinsam Ernst machen, mit dem Bemühen, die historische Baukultur des 18. und 19. Jahrhunderts in Eutin zu bewahren. Dabei ist Überzeugungsarbeit zu leisten, es sind Widerstände zu überwinden und es bedarf eines langen Atems, so die Auffassung des Vereins, der sich seit 40 Jahren um Fragen von Stadterhaltung und -gestaltung in Eutin kümmert.

 

Niemand behauptet, dass das Altstadtambiente zu schützen eine leichte Aufgabe ist - aber es ist nicht nur eine lohnende Aufgabe, es ist eine für Eutin existentiell bedeutsame Aufgabe. Der Gast kommt in die Innenstadt, um sich im einmaligen, historischen Ambiente zu bewegen. Leere Geschäfte, schmutzige Ecken und anonyme Läden sorgen für Beliebigkeit und führen dazu, dass immer mehr Geld im Internet ausgegeben wird. Wenn Eutin sich nicht nachdrücklicher zu seinen Stärken und Werten bekennt und bereit ist, diese zu bewahren, ist der Niedergang unseres Residenzstädtchens mittelfristig nicht mehr aufzuhalten sein. Und die Zerstörung des einmaligen Ackerbürgerensembles führe leider in genau diese Richtung,“ so Olaf Blanck, Sprecher der Bürgergemeinschaft Eutin e.V.

 

7.2.2022

 

 

 

zurück